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Richard Aretz

Richard Aretz als langjähriger Lehrer in Tovar

Als ehemaliger Fliegeroffizier hatte Richard Aretz nach dem ersten Weltkrieg versucht, sich in Deutschland auf technischem Gebiet eine Existenz zu schaffen, worin er jedoch nicht sehr erfolgreich war. Während der Weltwirtschaftskrise wanderte er deshalb nach Venezuela aus und machte in der Nähe Tovars die Bekanntschaft des außerordentlich einflussreichen deutsch-venezolanischen Wissenschaftlers und Haziendabesitzers Dr. Alfredo Eduardo Jahn. Dieser vermittelte ihn 1929 als meteorologischen Mitarbeiter in die ganz in der Nähe seiner Hazienda gelegenen Colonia Tovar. Hier unterhielt die venezolanische Regierung eine Wetterstation. Zu dieser Zeit unterrichtete der venezolanische Lehrer Madrid Eloy in Tovar die meisten Siedlerkinder. Er war der offizielle Lehrer der staatlichen Schule. Richard Aretz hatte selbst Ambitionen, in Tovar Unterricht zu geben und wurde bei diesem Plan von Dr. Jahn sehr unterstützt. Somit blieb ein Streit zwischen Aretz und dem einem anderen Kulturkreis entstammenden Schulleiter nicht aus. Hierbei hatte der Deutsche wenig Mühe, die Tovarer gegen den venezolanischen Lehrer aufzubringen. Mehr und mehr Familien ließen daraufhin ihre Kinder in der privaten Schule von Heinrich Ruh unterrichten.

Als 1930 eine große Anzahl der Tovarer Familienväter sich weigerte,, ihre Kinder zu dem venezolanischen Lehrer in die Schule zu schicken, konnte Wilhelm Ruh nicht verhindern, dass sein Schwiegersohn als Lehrer von Tovar abberufen wurde. Dr, Jahn kannte den Gobernador des Estado Aragua recht gut und sorgte dafür, dass Heinrich Ruh, dem Neffen von Wilhelm Ruh, die Leitung der „Escuela federal“ übertragen wurde, in der Aretz zunächst als zweiter Lehrer Deutschunterricht geben durfte.

Ab 1932 übernahm dann Richard Aretz die Leitung der offiziellen Schule. Er war derjenige Lehrer, der am längsten in Tovar hat Deutschunterricht erteilen können. Aretz war ein sehr national und autoritär eingestellter Mann, der zwar keine pädagogische Ausbildung aufzuweisen hatte, aber seine Aufgabe sehr ernst nahm und seinen Unterricht mit großer Strenge durchführte. Hierbei kam ihm sicher die zu jener Zeit große Lernbereitschaft der Tovarer zustatten. Sowohl die Eltern als auch die Heranwachsenden wollten deutsch nicht nur sprechen sondern auch lesen und schreiben können. Allerdings war Aretz besonders in den Jahren, als er neben seinem Lehramt auch noch die Kolonieleitung innehatte, bei einem Teil der Siedler sehr unbeliebt. Durch seine Verbindung zu Dr. Jahn konnte er sich jedoch recht lange in seinen Ämtern behaupten. Rückblickend ist festzustellen, durch die Umstände, die ihm erlaubten, zwölf Jahre lang in Tovar unterrichten zu können, verfügt eine große Anzahl der heute noch Lebenden der älteren Generation über recht gute Deutschkenntnisse. In dieser Hinsicht ist die jahrelange Tätigkeit von Aretz durchaus positiv zu bewerten.

Als Venezuela in den zweiten Weltkrieg eintrat, wurde Aretz interniert und kehrte 1942 nach Deutschland zurück.

Danach wurde die „Escuela Federal“ wieder mit venezolanischen Lehrkräften besetzt, und der Gebrauch der deutschen Sprache wurde zeitweise sogar von den venezolanischen Polizeichefs verboten.

Auch die kleine Privatschule Heinrich Ruhs bestand nicht mehr, da er sie wegen fortgesetzter Streitigkeiten mit Aretz aufgegeben hatte, und von der Colonia fortgezogen war.