Zum Gedenken an Leopoldo Jahn Montauban
Ruth Seitz
Er war ein unermüdlicher Förderer der Kontakte zwischen den Menschen am Kaiserstuhl und in der Colonia Tovar, er hat es wie kein Zweiter verstanden, die Menschen an ihre Wurzeln zu erinnern und dennoch nicht in der Vergangenheit zu verharren. Nun ist Leopoldo Jahn Montauban im Alter von erst 72 Jahren in Venezuela nach langer schwerer Krankheit gestorben.
„Tovar verliert mit Leopoldo Jahn eine ganz außerordentliche Persönlichkeit“, betont Helmut Eitenbenz, Honorarkonsul der Republik Venezuela. Und auch Franz-Josef Vollherbst, profunder Kenner und Förderer der Beziehungen zwischen den Menschen von hier und Tovar, bedauert den frühen Tod Leopoldo Jahns sehr: „Er war ein Macher mit Intelligenz, offenem Herzen und wachem Blick“.
Leopoldo Jahn Montauban wurde am 28. Mai 1938 geboren und die Spuren, die er während seines Lebens hinterlassen hat, sind nicht nur vielfältig, sondern auch tief. „In erster Linie war Leopoldo Jahn Familienvater“, betont Franz-Josef Vollherbst. Als bedeutender Unternehmer in Caracas hat Leopoldo Jahn dennoch sein Leben in Tovar mit den Tovarern geteilt. „Jeder kannte ihn, die Türen seines Hauses standen stets offen“, erinnern sich Helmut Eitenbenz und Franz-Josef Vollherbst.
1960 hat Leopoldo Jahn sein Ingenieursdiplom für die Fachgebiete Bauwesen und Konstruktion erhalten und 1994 nach Jahren der freiberuflichen Tätigkeit sein eigenes Bauunternehmen gegründet. Als fürsorglicher Familienvater und erfolgreicher Unternehmer war seine Zeit eigentlich ausgefüllt, doch zielstrebig und beharrlich verfolgte Leopoldo Jahn das, was ihm neben Familie und Arbeit am meistern am Herzen lag: die Menschen in Tovar und ihre Wurzeln.
Neben zahlreichen meisterhaften Fotografien von Land und Leuten in Venezuela und insbesondere in Tovar verbinden die Menschen am Kaiserstuhl vor allen Dingen das Buch „Die Colonia Tovar und ihre Menschen“ mit dem Namen Leopoldo Jahn Montauban - eine einzigartige Bild- und Textdokumentation über die Geschichte und das Leben in Tovar. Grundlage hierfür waren auch Forschungsunterlagen seines Großvaters und Vaters, denn alle Generationen der Familie Jahn standen mit den Einwohnern der Colonia Tovar in direktem Kontakt. Doch vor allem sammelte Leopoldo Jahn selbst unzählige Fakten und Dokumente über Tovar und verfügte über ein Archiv von mehr als 5000 Fotos von Menschen, Baukunst und Landschaft der Colonia Tovar. Er veröffentlichte Beiträge über die Geschichte der Kolonie und ihre Probleme in Fachzeitschriften und Zeitungen.
Vielen am Kaiserstuhl wird Leopoldo Jahn auch von der Ausstellung „Colonia Tovar, Pozuzo und Kaiserstuhl“ in Erinnerung sein, die im Oktober 1997 in der Volksbank in Endingen zu sehen war. Ziel der Ausstellung war es, den Besuchern anhand alter und neuer Bilder und Texte die Entwicklung und die Beziehung der drei deutschsprachigen Siedlungen, räumlich weit voneinander entfernt und doch kulturell einander nahe, während der letzten 150 Jahre zu vermitteln.
Die Colonia Tovar lag Leopoldo Jahn am Herzen, was aber nicht bedeutet, dass er seinen Blick ausschließlich darauf gerichtet hätte. Er hatte die ganzen deutschstämmigen Kolonien in Südamerika im Blick, hat unzählige Treffen und Konferenzen auf nationaler und internationaler Ebene ins Leben gerufen und organisiert „und das alles professionell und auf höchstem Niveau“, betont Franz-Josef Vollherbst. Unbeirrt verfolgte Leopoldo Jahn seine Ziele, auch seine Besuche am Kaiserstuhl waren von Terminen geprägt, er war immer unterwegs. Unermüdlich sammelte, archivierte, fotografierte und dokumentierte er alles, was die Menschen hier und in Tovar bis heute verbindet. Auch Bernd Meyer, der Vorsitzende des Freudeskreises der Colonia Tovar, bestätigt die Rührigkeit Leopoldo Jahns. Immer unterwegs, zielstrebig seine Spuren verfolgend, so habe er Leopoldo Jahn kennengelernt und in Erinnerung.
Ein zentrales Anliegen war Leopoldo Jahn auch der Aufbau eines eigenen Archivs in der Colonia Tovar, das die Archive der Stiftung der Colonia Tovar in Endingen, sein Privatarchiv und das Archiv der Asociación Cultural Humboldt, deren Präsident er neben vielen anderen kulturellen Funktionen war, inhaltlich zusammen führt. Für seine Arbeit erhielt Leopoldo Jahn unter anderem den Orden Martin Tovar y Ponte und 1996 das Bundesverdienstkreuz.
Leopoldo Jahn Montauban hat sich aber noch weitere Verdienste erworben: Still und ohne viel Aufhebens engagierte er sich auch im sozialen Rahmen, half Helmut Eitenbenz beispielsweise beim Aufbau des Kinderheims in Calabozo. Leopoldo Jahn hinterlässt eine große Lücke in den gesellschaftlichen, kulturellen und sozialen Beziehungen zwischen Tovar und dem Kaiserstuhl.